Ultratrail Lamer Winkel: Wurzeln aller Welt vereinigt euch

Ultratrail Lamer Winkel: Wurzeln aller Welt vereinigt euch

3. Juni 2015

Wer Wurzeln und Geselligkeit liebt war bei der Erstauflage des Ultratrail Lamer Winkel genau richtig. Fetzige Trails, das Who-is-Who der deutschen Trail-Gemeinde, Live-Bands und Bürgermeister die mal nicht stocksteif irgendetwas sagen, sondern dahinter stehen. Ehrlich.

Wer Wurzeln und Geselligkeit liebt war bei der Erstauflage des Ultratrail Lamer Winkel genau richtig. Fetzige Trails, das Who-is-Who der deutschen Trail-Gemeinde, Live-Bands und Bürgermeister die mal nicht stocksteif irgendetwas sagen, sondern dahinter stehen. Ehrlich.
Bevor ich aber zum emotionalen Teil, meinem Rennen, komme, hier die

nüchternen Fakten und Gratulationen

Der Ultratrail Lamer Winkel ist von Trailrunnern von Trailrunnern. Entstanden ist die Idee im letzten Jahr während des Revierguides des Trail-Magazins.

„Wenn ihr hier kein Rennen macht, dann mache ich das!“ (Gripmaster Stephan Repke)

Also stampften die lokalen Läufer ein Rennen aus dem Boden was bereits vor dem Startschuß legendär werden sollte. Mit Versprechungen „79% Trail, 2% Asphalt“, einem coolen Video und immer wieder wahnsinnig tollen Bildern von der Strecke schafften sie es nicht nur 500 Trailrunner zum Start zu bewegen, nein sie hätten jeden Platz doppelt verkaufen können. So gefragt war der Lauf. Doch es blieb, zum Glück, bei 500 Teilnehmern.
Neben dem „König des Bayerwald“ über 53km und 2.700hm stand auch eine kürzere Strecke, der „Osser Riese“, mit 13km und 700hm zur Auswahl. Die meisten er fast 500 Starter waren jedoch auf der großen Runde unterwegs.
Das Podest der Premiere:

König vom Bayerwald

  1. Tina Fischl (Asics Frontrunner) / Matthias Baur (Salomon Deutschland)
  2. Kerstin Erdmann (Asics Fontrunner) / Lukas Sörgel (Salomon Deutschland)
  3. Maria Koller (Team Gamsbock / Asics Frontrunner) / Markus Mingo (Team Gamsbock / Asics Frontrunner)

Osser Riese

  1. Kathrin Schichtl / Benjamin Sperl (beide Asics Frontrunner)
  2.  Kathrin Wittke (TV Zwiesel) / Florian Stelzle (LG Passau)
  3.  Sabine Wallner (WSV Rabenstein) / Michal Kardoch (Salomon Team CZ)

Gratulation an die Platzierten und vorallem aber allen nicht Asics Frontrunnern, die trotzdem ins Ziel gekommen sind ;-)

Und nun der emotionale Teil.

Plock, oder wie wir fast zur Verkehrsmeldung wurden

Wie ein Kind freue ich mich auf den Lauf. Soviel Trail (wurde versprochen und gehalten) in einer Region, die mir noch wage aus einem Trainingslager und dem „3-Tage-Orientierungslauf im Bayrischen Wald“ vor gefühlten hundert Jahren in Errinnerung liegt. Um den Stau bei München zu vermeiden fahre ich schon früh los und sammle Stephan in Memmingen auf. Entspannte Fahrt, Stephan schnarcht, ich höre gruslige physikalische Hörbücher: „Was wäre wenn?“. Irgendwas geht immer in die Luft, wird zu Plasma und eigentlich erfrieren wir alle jämmerlich. Abgefahren gut und die Zeit vergeht. Es ist warm, die Sonne scheint und in Deggendorf ist die Autobahn zu Ende. Umleitung durch die Stadt. Frischluft. Fenster auf.
PLOCK.
Ich schaue Stephan an: „Irgendwas ist gerade rausgefallen“. Stephan kann unglaublich blöd gucken.
Handy – ist da.
Geldbeutel – auch da.
Sonnenbrille – auf der Nase.
Was ist da raus oder war es nur ein Geräusch. Ich drehe um und wir fahren zurück. Und siehe da, einsam, mitten auf der Straße – meine Garmin Fenix. Warnblinker an. Stephan raus. Beide wieder im Auto. Umdrehen. Schweiß abwischen. Glück gehabt. Bis auf ein paar Kratzer alles in Ordnung. Wollte zwar eh eine Neue, aber doch nicht so.
Quer durch den Bayerwald auf abenteuerlichen Straßen fahren wir Richtung Arrach. Im Seepark holen wir unsere Startnummern. Einige Bekannte begrüßen und weiter zur Unterkunft nach Lam. Für 12 Euro können wir eigentich nicht viel erwarten. Denkste. Sauberes Zimer, riesig groß und mit Balkon. Positive Überraschung. Und die Wirtin ist super nett und macht uns das Frühstück bereits vor der Stallarbeit.
Ein kurzes Nickerchen, die Sachen packen und es geht zum Briefing. Bier, Nudeln und noch mehr Bekannten – Hallo – sagen. Man könnte fast meinen dass die Familienfeier der Trailrunner vorgeschoben wurde und nicht mehr Mitte Juni in Grainau beim Zugspitz Ultratrail abgehalten wird.
Im Briefing nichts Neues. Kurzweilig stellt Markus Mingo die Strecke vor. Ich glaube das wird genial. Auch die Bürgermeister kommen zu Wort. Zur Überraschung meinerseits werden keine Floskeln ausgereizt, sondern ehrlich und voller Begeisterung für die Sache gesprochen. Auch Taten liessen für sich sprechen. Die Bauhöfe unterstützen die Organisatoren und kurzerhand wurde eine kleine Brücke, ein Nadelöhr, auf 4 Meter verbreitert. Respekt! Euch würde ich sogar wählen wenn ihr CDU wärt.

Die Zeit im Nacken. 1:30h bis zum Eck

Die Nacht war der Horror. Dank der Kante am Fußende konnte ich nicht gerade liegen. Die Hölle war jedoch Stephan mit seinem ungewöhnlichen Schnarchen. Du warstest regelrecht darauf das er erstickt. Ich sollte egoistischer sein und die Ohren verstöpseln.
Um sechs Uhr klingelt der Wecker und ich dusche. Das Frühstück ist, auch widererwartend, gut. Alles da. Wir sind in Lam, dem Zielort, und müssen noch bis Arrach am Regen entlang zum Start wandern. Drei Extra-Kilometer, dafür müssen wir aber nicht Auto fahren. Das Wetter ist super. Vereinzelte Wolken und klare Luft. Das wird sonnig und warm. Ich zweifle an meiner Kleiderwahl. Das dicke Trikot und noch ein Shirt drüber plus Ärmling.
Am Seepark angekommen schwitze ich bereits.
Faulheit siegt und ich lasse alles an. Überall ist bereits Gewusel. Guten Morgen hier. Guten Morgen da. Die üblichen Floskeln: „Heute gehts nicht gut, mal sehen wie ich durch komme“ (grandiose Zielzeit) oder „Hauptsache ankommen“ (gewinnt). Läufer leiden vor dem Start. Oder bilden es sich zmindest ein.
Die Kontrolle der Pflichtausrüstung ist schnell erledigt und ich ordne mich am Ende des Pulks ein. Kurz nach acht Uhr gibt des Donner-Schüsse aus der Büchse und mit Blasmusik werden wir auf die Runde um den See geschickt.

Start des Ultratrail Lamer Winkel

Start des Ultratrail Lamer Winkel

Die Schlange entzerrt sich leider nicht und so kommt es zu Stockungen. Ich habe ein wenig Panik. Bis zum ersten Verpflegungspunkt sind knapp neuen Kilometer und 500 Höhenmeter. Maximale Zeit: eine Stunde und dreissig Minuten. Das wird verdammt eng. Aus der Panik heraus gehe ich aus dem Pulk heraus und laufe mein eigenes Tempo in der Wiese. Viel angenehmer und ich überhole sogar Stephan. Am ersten Anstieg hat er ich aber schon wieder weit hinter sich gelassen. Mit strammen Schritt geht es auf den ersten Trail. Schön, wirklich schön. Ich freue ich mich auf das was kommen wird. Meine Uhr spielt mir Streiche und zeigt mir jetzt schon einen Kilometer mehr an als in Wirklichkeit gelaufen. Seit dem Start ist fast eine Stunde vergangen. Es ist noch ein Stück bis zur Verpflegung und dem CutOff. Ich muss schneller rennen. Eigentlich versuche ich am Anfang nicht zu schnell zu sein, immerhin liegen noch 45 Kilometer vor mir, aber ich habe keine Wahl. Der Cut-Off droht. Panik lässt mich laufen. Ich pumpe und spüre die Müdigkeit der schlaflosen Nacht in den Muskeln. Mir ist warm, aber alles ist umsonst wenn ich den ersten CutOff nicht schaffe. Danach habe ich Zeit und muss nicht mehr so hetzen. Mein Tempo laufen.

Stockweitwurf – wie weit fliegt ein Carbon-Stock?

Beeeep. Geschafft. Nach 1:15h überlaufe ich die Zeitmessung innerhalb des Zeitlimits. Ein wenig fluche ich dann doch. Die Kraft für das Gehetze bis hierher wird mir später vielleicht später fehlen. Jetzt habe ich fünf Stunden für 25 Kilometer. Die ganze Zeit rechne ich: Es ging viele Forstwege und Straßen entlang. Ergo müssen jetzt die Trails anfangen, damit die 70% aufgehen.

Nach der Stärkung mit Wasser, Tomaten und Kuchen geht in Richtung dem Großen Arber. Der höchsten Erhebung des Bayrischen Waldes mit 1.456m. Im entlang des Goldsteiges, einem Premium-Wanderweg, über zehn Eintausender-Gipfel. Wir landen direkt auf dem Trail. Jetzt geht es richtig los.

Parcour Trail mit Hindernissen

Parcour Trail mit Hindernissen

Den Stock ausgepackt nehme ich den Anstieg über unzählige Wurzeln. Es ist gut zu gehen und der Wald bietet Schatten. Ich bin ein wenig überhitzt. Der Weg wird teilweise so schmal, dass keine zwei Füße nebeneinander stehen können. So mag ich es. Das ist Trail.

An Felsen entlang

An Felsen entlang

Über Freiflächen, entlang an Felsen, über noch mehr Wurzeln, es geht voran. Nur das Wetter verschlechtert sich. Es kommt Wind auf und Wolken kommen angezogen.

Nur noch 40 Kilometer

Nur noch 40 Kilometer

Beim 40km to go-Schild am „Ödriegei“ (1136m) rennen wir schon in den Wolken. Der Himmel hat sich komplett zugezogen, es windet und wird frisch. Das ist doch meine warmen Sachen anbehalten habe ist jetzt kein Fehler mehr. Bergauf gehe ich. Zum Teil muss man kurz klettern. Dann werfe ich den Stock nach oben um die Hand frei zu haben. Vier Meter. Fliegt gut. Ich laufe zu Maty und Ulf auf. Dresden/ Berlin Connection. Team Trailandommm.

Über Wurzeln bergauf (C) Ulf Kühne

Über Wurzeln bergauf (C) Ulf Kühne

Bisschen quatschen tut gut. Im Downhill passiere ich. Hirn aus, Spaß an. Ich fliege über die nassen, wie soll es anders sein, Wurzeln und nutze die Rutschigkeit um noch schneller zu werden. Jetzt macht es richtig Laune. Der Downhill fetzt. Ist aber sehr kurz. Über eine Hochfläche schlängelt sich der Trail in den Wolken eben vor sich hin. Es regnet ein wenig
AAAAAAOOHHSSCCHEEEIIIBBBLLDDDAAUUAAAAA
Im vollen Lauf.
Ich knicke mit dem rechten Fuß um.
Versuche auszugleichen, aber da ist der Stock in der Hand.

Ich knalle sehr unsanft und mit höllischen Schmerzen auf dem Handknochen und linken Knie.
„Verfluchte Kacke!“, der Wald ignoriert mein Geschrei. Aus lauter Wut werfe ich das Carbon-Spielzeug weg. Wie ein Speer fliegt er weit und erstaunlich gut. Zum Glück ist niemand in der Nähe.

Breaking News: „Trailrunner spiesst Mitläufer mit Stock auf.“

Bestandsaufnahme: der Handknöchel schmerzt etwas, aber außer Schürfung nichts passiert (was blöd wäre wenn du nur links hast …). Knie ist aufgeschabt, blutet und ist vollkommen verdreckt. Blutvergiftung ich komme. Aber das wäre nicht das erste Mal. Der Knöchel am rechten Fuß ist heil und stabil. Eigentlich alles in Ordnung bzw. im Rahmen. Aber: Bei dem Sturz habe ich mich verkrampft und nun tut hinten links oben der Muskel oder was auch immer höllisch weh. Große Schritte gehen nicht. Wandern auch nicht recht. Langsam laufen im Hoppelschritt geht.
Meinen Stock sammle ich 10 Meter weiter ein. Gab es da eigentlich schonmal Messungen wie weit die Dinger fliegen? Jetzt weiß ich auch wieder warum ich das Ding so selten benutze und wenn dann nur bergauf. Ich brauche den linken Arm zur besseren Balance.

Entlang über 10 Tausender Gipfel

Entlang über 10 Tausender Gipfel

Team Trailandommm kommt wieder an mich ran und sie sehen mich etwas mitleidig an. Sehe wohl sehr erbärmlich aus. Der Stock ist inzwischen im Rucksack verstaut und wird für heute dort bleiben. Dem traue ich nicht mehr.

Heute kein Regen und Sonnenschein aus der Dose

Das Grüppchen gefällt mir und ich kann gut mithalten. Im Downhill gehe ich etwas vor und sie holen mich bergauf wieder ein. Den Krampf oder die Zerrung merke ich auf geraden Strecken. Berghoch geht es okay und bergab muss ich kurze Schritte machen. Inzwischen ist der Wind stärker geworden und der Nebel dichter. Ausblick bekommen wir heute nicht. Dafür regnet es nicht. Nein, es hagelt! Alle um mich herum haben die Jacken heraus geholt und bibbern. Mir wird es gerade angenehm. Ich, komischer Kauz. Ulf soll meinen Sonnenschein in der Dose rausholen. Er schaut mich wirr an was ich von ihm will.

Sonnenschein aus der Dose

Sonnenschein aus der Dose

Hilft aber nur mental. Am Wetter ändert sich nichts.
Vom Schareben (1262m) kann ich bis zum Kleinen Arber Tempo machen und hänge die beiden ab. Spätestens am Aufstieg zum Großen Arber holen sie mich eh wieder. Der Trail ist wunderbar. Schade das ich ihn nicht so schnell laufen kann wie ich gerne wöllte.

Gipfel-Selfie am Kleinen Arber

Gipfel-Selfie am Kleinen Arber

Radarstation auf dem Großen Arber

Radarstation auf dem Großen Arber

Großer Arber Gipfel

Großer Arber Gipfel

Den letzte Kilometer vor dem Gipfel des Großen Arber geht es auf einer breiten Forst-Autobahn entlang und ich mache die Maschine. Kopf aus, Pumpe an. Hechelnd erklimme ich die 1.456m und erst kurz vor dem Kreuz kommen die Beiden von hinten. Beim kurzen Downhill zur Verpflegung lasse ich wieder etwas Abstand.

Verpflegungsstation am Großen Arber

Verpflegungsstation am Großen Arber

Die Verpflegung hat fast alles was man sich wünschen kann. Lediglich etwas Warmes, Suppe oder Tee, wären toll gewesen. Geht aber auch ohne. Dafür ist der Kuchen grandios und es gibt Tomaten.

Du bist sooo bescheuert!

Noch 11 Kilometer bis zum CutOff. Davon Sieben runter und Vier hoch. Machbar. Im Restaurant neben der Verpflegung gibt es Kässpatzen. Mit Bergkäse! Ich überlege kurz und rechne, laufe aber dann doch weiter. Jetzt gilt es vier Kilometer bergab auf einer Schotterstraße zu bestehen. Es läuft und ich lasse laufen. Gerade schmerzt nichts. An den steilen Stücken überhole ich einige Läufer und werde selbst von Mountain-Bikern überholt. Da kann ich dran bleiben. FullSpeed und hinterher.
AAAAAAHHHHRRGGGHHHHHHHH
Ein richtig derbes schmerzhaftes Ziehen im linken hinteren Muskel bremst mich. Scheiße. Du bist so ein Idiot. Warum machst du das? Jetzt geht nur noch langsames Hoppeln. Martin läuft auf mich auf und wir reden eine Weile. Er war am Gipfel unterkühlt und hatte sich in der Station aufgewärmt. Mich wunderte es schon das ich ihn nicht gesehen hatte. Begleitet von Schmerzen und ohrenbetäubener AC/DC Musik am Wegesrand passieren wir Brennes. Der Schotter-Albtraum ist zuende und wir biegen wieder auf einen Trail. Ich lasse Martin davon ziehen. Die Schmerzen sind grausam. Dehnen bringt nichts. Kurze Pause auch nicht. Also weiter. Na klar, über Wurzeln. Den Downhill kann ich kaum geniessen und bin erleichtert als es bergauf geht. Mit gequältem Gesicht erreiche ich den dritten Verpflegungspunkt über eine Stunde vor dem CutOff. Jetzt habe ich bis Lam Zeit. Fünf Stunden für 17 Kilometer. Auch kriechend machbar.
Nach dieser Quälerei wird meine Laune schlagartig besser als ich die Cola entdecke. Wunderzeug! Die Ossi-Connection kommt. Maty hat sich einen Ast in den Knöchel gerammt. Verzerrt kein Gesicht. Kampfweib. Dann versuche ich mich mal auch nicht so kläglich zu präsentieren und laufe weiter. Es läuft unrund und schmerzt. Auf dem Forstweg komme ich kaum voran. Die Beiden holen mich ein und wir biegen gemeinsam in den Aufstieg zum Zwercheck. 300 Höhenmeter über Wurzeln. Wer IndianaJones gesehen hat. Tempel des Todes ist ein Fliegenschiß gegen die Ansammlung von Wurzeln. Wurzeln aller Welt vereinigt euch. Und seid am Besten nass. Sonst könnte es zu einfach sein.

Durch den Nebel (C) Ulf Kühne

Durch den Nebel (C) Ulf Kühne

Dank meinen Team Trailandommm-Pacemakern komme ich wieder in Tritt und der Muskel hält still. Kurze Schritte. Oben angekommen geht es durch den Nebel entlang der tschechischen Grenze und kurz danach in einen rutschigen Downhill. Mein Revier. Kurze Verabschiedung, wir sehen uns später beim letzten Anstieg wieder.

Entlang an der tschechischen Grenze

Entlang an der tschechischen Grenze

Wenn du rennen musst und dich fast verläufst

Der Downhill-Sprint war grandios und ging schmerzfrei. Dafür zogen sich die vier Forststraßen-Kilometer. Unter normalen Umständen wäre ich lustlos gewandert. Ging aber nicht. Denn dann schmerzte der Muskel. Im Hoppel-Schritt war es erträglich. Ein wenig genervt und verträumt laufe ich auf eine Kreuzung zu an der die Bergwacht mit Musik steht. Im laufen grinse ich debil …
„SSSTTTOOOPPPPPP, da drüben hoch!“

10 Kilometer Zielsprint

10 Kilometer Zielsprint

Tja, wären sie nicht dagestanden wäre ich im Trott weiter runter gelaufen. Die Strecke machte aber einen Knick hoch zum Großen Osser. Der letzte Anstieg. Ich mobilisiere alle Kräfte. Was geht noch? Erstaunlich viel. Durch die vielen Schleichphasen kann ich bergauf Tempo machen. Die Wolken reissen nun auch etwas auf und geben die Sicht ins Tal nach Lohberg frei. Gegenüber auf den Bergen kann ich die Strecke erahnen. 50 Kilometer sind schon eine gute Runde.
Team Trailandommm holt mich nicht ein. Der Anstieg zog sich und verlangte alles und doch hatte ich wohl im Downhill einen guten Vorsprung erlaufen.

Der letzte Anstieg

Der letzte Anstieg

Sicht auf Lohberg

Sicht auf Lohberg

Seilpassage am Großen Osser

Seilpassage am Großen Osser

Die letzte Verpflegung. Mit Bier. Leider alkoholfrei. Ab jetzt nur noch Downhill. Denkste. Harter Trail. Genialer Trail. Ich mag die Bayerwälder. Die haben Ahnung von Trail-Bastelei. Hoch und runter. Felsen und Bäume. Matsch. Und natürlich Wurzeln. Die gibt es im Überfluß. Nach der Osser-Wiese geht es sanfter bergab und ich kann wieder schneller rennen. Sogar den Ziegenpeter überhole ich. Nett wie immer grüßt er mich: „Och ne, jetzt geht der auch noch an mir vorbei.“ Mag dich auch. Und keine Angst. Die Cheffin (unsere gemeinsame Online-Trailquäl-Trainerschnittchen Julia) liest das hier vielleicht nicht.
Ich fliege ins Tal.

Blick über den Lamen Winkel

Blick über den Lamen Winkel

Holy Trail – Holy shit

Eine Kirche, ein Streckenposten. Ein Gruß. Er leitet mir den Weg an der Kirche vorbei und da steht „HolyTrail“. Es treibt mir schier das Grinsen ins Gesicht. Heilige Scheiße ist das ein Trail.

Holy-Trail

Holy-Trail

Holy-Trail

Holy-Trail

Fast schon OffTrail geht es auf einer Felsformation durch die Büsche. Alle Schmerzen sind vergessen. Ich muss rennen. Es geht nicht anders. Hier hätte ein Fotograf stehen sollen. Grenzdebiles Lächeln. Die Mundwinkel bis zu den Ohren. Was für ein Abschluß.
Es ist nicht mehr weit. Wiesenquerung und runter ins Ziel nach Lam.

Über Lam - das Ziel ist nah

Über Lam – das Ziel ist nah

Der rote Teppich wird mir fast zum Verhängnis da ich über die Wellen und Beulen stolpere. 9:08h habe ich für die Strecke benötigt, welche bis auf ein paar nervige Ausnahmen, den Titel „Trail“ wirklich verdient. Es war hart, kalt, schmerzhaft und trotzdem eines der besten Rennen die ich bisher machen durfte. Team Trailandommm kommt 20 Minuten nach mir an. Heil.

Das was ihr da in den Rennkalender gezaubert habt ist der Wahnsinn. Gerne melde ich mich bereits jetzt für nächstes Jahr an.
Vielen Dank!

Der Abend nach dem Lauf

Mit dem Bier in der Hand humpel ich neben Stephan zur Pension hinunter. Nachdem ich mehreren Sanitätern glaubhaft versichern konnte das es mir gut geht (trotz Wunde, das ich auf der Straße liege und breit grinse). Heute geht nicht mehr viel. Und alles geht langsamer. Das wird der Beginn eines heftigen, aber verdienten, Muskelkater. Diverse Biere und Weine sowie Kässpatzen helfen über den Schmerz. Überhaupt heißt es doch: Pain is temporary, Glory forever. Gut, gewonnen habe ich heute nicht. Oder vielleicht doch? Ja, ich habe vieles mitnehmen können für meinen Start über die 100 Kilometer in drei Wochen. Erfahrungen wie ich auf Schmerzen reagiere, was ich dagegen tun kann, was ich esse, wie ich mir Zeit einteile, meine Stärken nutze, die Schwächen stabilisiere … also eine ganze Menge. Die Zugspitze kann kommen.

Danke an die sensationell freundlichen Helfer welche auch in dichten Wolken bei Regen ihren Job mit einem Lächeln machten, dem Orga-Team für das grandiose Event und der Region Lamer Winkel inkl. Bürgermeister, dass sie diesen Lauf ermöglicht haben.

Wie ist es dir ergangen?

Meinungen & Diskussion

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  1. Andrea sagt:

    Seeehr cooler Bericht, Robert!
    Ich habe vieles sehr ähnlich empfunden, vor allem: Ja, ich werde auch definitiv im nächsten Jahr dabei sein (und mir das ganze mal bei Sonne anschauen, dachte ich…)
    LG, Andrea

    1. Robert sagt:

      Wahrscheinlich erkennen wir die Strecke nicht mehr weil es soviel zu sehen gäbe.

  2. Steve sagt:

    Boah, geil!
    Nächstes Jahr bin ich auch dabei!
    Danke für den tollen Bericht. Erhol dich gut!

    1. Robert sagt:

      Bin schon wieder am hoppeln. Der ZUT ruft.
      Streich dir den Termin fett im Kalender an!

  3. Christine sagt:

    Toller Bericht! Sehr lebendig geschrieben!
    Gut, dass ich mich vorhin angemeldet und noch einen Startplatz ergattert hab!
    Jetzt bin ich schon voller Vorfreude :-)

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