Das Wasser strömt vom Himmel nieder, Donner grollt und Blitze schlagen in die Berge über mir ein. Noch zwei Kilometer, dann ist es geschafft. Kopf einziehen und laufen. Es geht leicht bergab, Göschenen ist bereits in den Regenschwaden zu sehen. Durch die Dorfstraßen zum Bahnhof. Angekommen! Knapp 12 Stunden nach dem Start stehe ich wieder am Ausgangspunkt und bin… glücklich und stolz.
Das Wasser strömt vom Himmel nieder, Donner grollt und Blitze schlagen in die Berge über mir ein. Noch zwei Kilometer, dann ist es geschafft. Kopf einziehen und laufen. Es geht leicht bergab, Göschenen ist bereits in den Regenschwaden zu sehen. Durch die Dorfstraßen zum Bahnhof. Angekommen! Knapp 12 Stunden nach dem Start stehe ich wieder am Ausgangspunkt und bin… glücklich und stolz.
Wie alles begann
Jeder Sportler hat seine Ziele, seine Projekte und Hirngespinnste. Oft las ich mit Demut, Spannung und ein wenig Neid die Berichte von anderen Läufern welche eine besondere Tour abseits der Wettkämpfe für sich erlebten. Das wollte ich unbedingt auch mal probieren. Auf sich allein gestellt, sein eigenes Tempo, ohne Druck. Einen Tag ein Abenteuer wagen. Zunächst stand die Auswahl der Tour im Vordergrund. Donautal, nett, aber kenne ich ja schon. Am Bodensee entlang, langweilig. Hegau alle drei Hügel in einer Tour, zuviele Forstwege. Irgendwann bei einer Reise im Zug zum Kunden ins Tessin sah ich bei der Alpenquerung wieder Göschenen und erinnerte mich an Andermatt, den Furkapass, Realp und wie toll es dort ist. Eine Idee der Strecke war geboren und wieder zu Hause setzte ich mich an den Rechner und bastelte mir mit OutdoorActive die Tour zusammen. Durch Wanderungen und Schlittenabfahrten wusste ich einige Passagen welche ich mitnehmen musste. Den Rest erledigten Wanderberichte aus der Gegend. Aufgrund der guten Verkehrsverbindung ins Wallis konnte ich eine Punkt-zu-Punkt-Strecke planen, mit vielen Absprungpunkten falls ich nicht durchhalte, oder das Wetter nicht mitspielt.
Schnee, Schnee, Schnee
Wann ich es in Angriff nehmen wollte stand fest. Bedingt durch diverse Wettkampf Teilnahmen viel die Wahl auf Anfang August. Im Juli hätte ich es fast begraben müssen. Zuviel Schnee lag noch auf der Strecke. Die Webcams der Hütten machten mir wenig Mut. Doch es kam anders. Fast zwei Wochen lang sengende Wärme brachte den Schnee zum schmelzen und es war machbar. Zwei Tage nach dem Schweizer Nationalfeiertag sollte es losgehen.
Zwischen gelben Nummernschildern im Stau – um 5:30Uhr
Meinen Rucksack, die Wechselsachen und den Proviant packte ich am Vorabend, denn ich wollte um vier Uhr aufstehen um den ersten Zug ab Göschenen zu erreichen. Knapp aber machbar. Bis Altdorf lief es flüssig und mein Puffer reichte locker, doch dann stand ich auf der Autobahn. Rings um mich gelbe Nummernschilder. Stau vor dem Gotthard- Tunnel, noch 8km bis zur Ausfahrt. Gewagt auf dem Standstreifen vorbei und die Ausfahrt vor Göschenen genommen um die paralelle Bundestraße zu fahren. Wunderbar. Auto abgestellt und zum Bahnhof gegangen.
Bedingt durch mein leichtes Outfit kamen Gespräche auf und alle redeten von Schauern, Gewittern, sogar Schnee. Aber das sah gestern im Wetterbericht anders aus?! Beruhigt durch Alternativrouten wollte ich es zumindest versuchen.
Durch das Ursenertal Richtung Realp, durch den Furka- Basistunnel brachte mich die Bahn nach Oberwald im Wallis.
Das Abenteuer beginnt
Das Wetter sah gut aus. Es war noch kühl, aber die Wolken rissen auf. Leider konnte ich nicht über die Berge sehen von wo aus die Schauer kommen sollten. Aufgrund der Schneeverhältnisse entschied ich mich bis zum Furkapass für die „einfache“ Route entlang der Rhone. Nicht zuletzt auch weil ich meiner Frau versprach auf mich aufzupassen. Auf kleinen Pfaden zwischen Pferden immer entlang des Wassers konnte ich gut laufen. Es ging stetig bergan, doch mich beflügelte die Landschaft. Den ersten kleinen seilversicherten Abschnitt nahm ich locker im Laufschritt und bald konnte ich durch die Wiesen Richtung Oberwald zurück schauen. Vorbei am Kehrtunnel der Furka Dampfbahn kam Gletsch immer näher. Viel zu sehen gab es nicht, doch der Charme der verfallenen Gebäude, die Dampfbahn (die wirklich dampfte!) und die Aussicht zum Talende wo der Rhone Gletscher, leider inzwischen nicht mehr sichtbar von unten, ins Tal gleitet, liessen mich kurz inne halten. Kurze Pflicht SMS zu Hause: „Alles gut, super Wetter, bin in Gletsch“.
Entlang am Hang immer dem Pfad in der Nähe der Dampfbahn- Gleise folgend erklomm ich ein wenig Aussicht auf den Gletscher. Bis jetzt hielt sich das Wetter und mit der Sonne strahlte das Grün der Wiesen um so mehr. Den Tunnel (direkter Weg unter dem Furkapass, aber nur für die Bahn) konnte ich nicht nehmen. Über kleine Schneefelder, auf Wiesen und Kuhwegen ging es steil zum Furkapass hinauf. 2431m waren erreicht. Das erste Etappe geschafft. Nach einer kleinen Rast, der Pflicht SMS, einem Facebook Eintrag und einer kalten Cola schaute ich über das Tal meiner weiteren Strecke entgegen. Das Wetter sah gut aus. Kaum eine Wolke, ich probiere es! Von hier aus hätte es zwei Varianten gegeben:
1. Sicherheit: wieder runter ins Tal, an den Gleisen entlang, Aufstieg zur Albert-Heim Hütte und wie geplant weiter
2. Nepali- Highway: etwas gefährlicher da mit kleinen Klettereien, eventl. Schneefelder, dafür aber immer auf der Höhe entlang
Der Nepali-Highway siegte und ich war froh das meine Frau dies nicht wusste…
Vom Pass via dem Restaurant „Furka Blick“ lief ich auf einem kleinen Pfad Richtung Sidelen-Hütte. Es ging stetig bergauf und die Steine machten es mir nict leichter. Der Blick war imposant. Schon von Weitem konnte ich die Hütte sehen, und auch einen Rettungshubschrauber welcher entlang der Wand kreiste. Super, da muss ich dann lang. Vielleicht doch gefährlich? Nunja, sie retteten zwei Leute aus der Wand weit oberhalb des Weges. Etwas Unbehaglich war mir dennoch.
Ab hier war nun auch das Camel zu sehen. Jene Felsformation welche durch die Mammut Werbung berühmt wurde. Auf der Sidelen-Hütte rastete ich, aß mein Brot, Erdnüsse und gönnte mir ein kühles Rivella. Die Hüttenwirtin war verwirrt und wollte mir nicht glauben das ich von Oberwald kam und noch bis Göschenen wollte. Die meisten kommen wohl nur vom Furka und gehen wieder zurück. Immernoch nichts von Regenwolken zu sehen.
Auf dem Nepali-Highway
Jetzt sollte der schwierigste und technischste Teil kommen. der Weg zu Albert-Heim Hütte, auch als Nepali Highway, bekannt hat eine seilversicherte Stelle, ein paar Mini- Klettereien und einen weglosen Teil in der Endmoräne des Dammagletschers. Das als „schwieriger“ Abschnitt bezeichnete Seilstück meisterte ich fast ohne Schweißperlen. Es ging steil neben mir runter, aber mit Einsatz des Hosenbodens und dem gut gepolsterten Hinterteils war es unproblematisch. Das Seil half mir nichts, wie immer war es, zumindest für mich, auf der falschen Seite. Der Weg schlengelte sich an der Wand des „Chli Bielenhorn“ entlang in der viele Kletterer hingen. Das wäre definitiv nichts für mich. Dann lieber im gemütlichen Jog auf dem Trail weiter. Große Felsblöcke versperrten zum Teil den Weg, wenn ich ihn den fand. Der Restschnee machte es nicht einfacher. Laufen ging hier nicht mehr. Jeden Tritt musste ich mir überlegen, aber die Schuhe gaben mir Halt und Grip. Die Gummisohle fraß sich auf dem Stein fest und ich musste nur die Balance behalten. Der letzte schwierige teil lag in Form eines Schneefeldes an einem steilen Hang vor mir. Wäre ich gerutscht, wäre ich baden gegangen – im eiskalten See der blau in der Sonne funkelte. Langsam in den Spuren querte ich das Stück und musste auf der anderen Seite lächeln. Knapp drei Jahre zuvor und nur 10km weit weg war ich auf so einem Schneefeld heftig abgerutscht was schlimm hätte enden können.
Das gewaltige Panorama das Dammagletschers und des Galenstock luden zu einer kleinen Pause ein. Der Nepali- Highway wurde nach einem nepalesischem Hüttenhelfer genannt und macht sonst seinem Namen auch alle Ehre. Schutt, Eis, Fels, der Himalaya ist nah.
Einige Eisrutschereien und Gletscherabflussquerungen strahlte mich die Sonne auf meinem Stuhl an der Albert-Heim Hütte an. Wie auf der anderen Hütte schaute mit der Wirt entgeistert an als ich von meiner Tour erzählte. Bin ich vielleicht Erstbegeher?!
Panoramaweg und wie klein die Welt doch ist
Ab jetzt wurde es eine leichte und gemütliche Lauferei. Leicht bergab auf fluffigen Pfaden immer auf der Höhe über den Ursenertales entlng des Ursener-Höhenweges. Weit unten pfiff die Eisenbahn. Es war noch immer sehr warm und die Sonne strahlte. Mir wurde heiß und die zunehmende Erschöpfung wurde stärker. Ich wollte ein Bad. Ein kleiner Bach, wie gemacht dafür. Rucksack ab und hineingelegt. Einmal gewälzt, geschüttelt – wie erfrischend!
Eine Frau mit ihrem Kind kam um die Ecke und sie wussten nicht wie sie trocken über den Bach kommen, also sprang ich rein, war sowieso nass, und half. „Kenne ich Dich?“ sprach mich die Frau an. Keine Ahnung, ich kannte sie nicht. „Aber bist du nicht der von Youtube mit dem Video vom K42 (SwissAlpine)?!“ Doch der bin ich! Und so plauderten wir eine Weile über den SwisAlpine, Trail und die Gegend. Wie klein die Welt doch ist.
Kurz vor dem finalen Abstieg ins Tal nach Andermatt ruhte ich einige Minuten an einem zauberhaften See. Wie gerne wäre ich dort hinein gesprungen. Doch ich musste weiter. Langsam zogen in der Ferne Wolken auf und es war noch ein kleines Stück.
Steil führte mich der Trail zum Golfplatz vom „Andermatt SwissAlps“ Projekt hinunter. Ein Stückchen über den nach internationalen Standards gebauten Platz und rein nach Andermatt. Shoppen! Einen Liter Eistee und die Hälfte Cola. Fast in einem Schluck stürzte ich es in meine Kehle. Es wurde frisch, die Wolken zogen auf und auch den Wind spürte ich. Fast hätte ich hier abgebrochen. Ich saß am Bahnhof und hätte nur den Zug nehmen müssen. 10 Minuten und ich wäre am Auto. Nein! Den Rest jetzt auch noch.
Ein dramatisches, vielleicht heroisches Finale
Zum Ziel in Göschenen führt nur ein Weg: durch die Schöllenen- Schlucht! Bereits die Russen und Franzosen kämpften in dieser engen Schlucht ums Überleben. Kaum in der Schlucht angekommen schlug der erste Blitz oben am Berg ein. Schneller laufen! Vorbei am Russendenkmal entlang der alten Poststraße ab ins Tal.
Das Wasser strömt vom Himmel nieder, Donner grollt und Blitze schlagen in die Berge über mir ein. Noch zwei Kilometer, dann ist es geschafft. Kopf einziehen und laufen. Es geht leicht bergab, Göschenen ist bereits in den Regenschwaden zu sehen. Durch die Dorfstraßen zum Bahnhof. Angekommen! Knapp 12 Stunden nach dem Start stehe ich wieder am Ausgangspunkt und bin… glücklich und stolz.
Dieser Tag war ein besonderes Erlebnis. Fast mit mir allein, inmitten toller Bergwelten mit bestem Wetter (bis auf den Schluss) und der Erkenntnis: wenn man will schafft man viel mehr als man am Anfang zu glauben vermag.
Es ist nicht der Ende aller Tage, ich komme wieder, keine Frage! Im nächsten Jahr vielleicht mit Dir lieber Leser?!
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