Tromsø SkyRace 2014 – OffTrail vom Feinsten

Tromsø SkyRace 2014 – OffTrail vom Feinsten

10. September 2014

Trailrunning? Nein! Skyrunning! OffTrail! In den Wolken! Weglos! Atemberaubend, irre, grandios, brutal. Nächstes Jahr wieder!

Ich weiß es genau! Hinter mir ist die Frau mit den pinken Socken. Aber ich kann sie nicht sehen. Zu dicht sind die Wolken. Die Sicht ist vielleicht bei 20 Metern und rechts lässt es erahnen das es tief runter geht, sehr tief! Vom Berg direkt auf Meereshöhe in … ich probiere es nicht. Ich folge dem Weg, dass heisst ich suche zum Teil vergeblich nach den roten Punkten die den Trail bzw. diese Felsenspringerei kennzeichnen. Worauf habe ich mich hier nur eingelassen?!

„It’s easy … to get lost!“

Gestern war ein lässiger Tag. Gemütlich ausgeschlafen, einkaufen gegangen und dann mit Hendrik und Tobias hoch zum Start an die Bergstation der Fjellheissen Seilbahn. Ein wenig gelaufen und viele Bilder gemacht. (der Bericht zum Pre-RaceDay Tromsø SkyRace)

Am Abend fand noch das Briefing im Clubheim der Langläufer (Ski) statt und Kilian erzählte einiges zur Strecke. Entgegen der eigentlich geplanten Strecke wurde sie etwas entschärft. Aber selbst das was auf uns zukommen sollte reichte. Auf der Marathon- Strecke im Bereich von Hamperokken (der zweite Berg) sollte es teilweise sogar Kletterstufe 3 sein und sie wollen ein Rope reinhängen. Super! Gut das ich mich bereits nach dem Sardona Trail letzter Woche entschieden hatte nur den MiniSkyrace zu laufen.

Das sollte reichen und vorallem machbar für mich sein. Interessanterweise wurde beim Briefing wieder der Unterschied in der Wahrnehmung zwischen Mann und Frau deutlich: Während Kilian die Strecke wohl auch blind laufen würde und entsprechend unbesorgt „It’s easy… to get lost“ (es ist leicht… sich zu verlaufen) scherzte, ermahnte Emelie (Forsberg) immer wieder wie schwer es wäre usw.

Kilian bei der Startnummernausgabe in der Küche

Kilian bei der Startnummernausgabe in der Küche

Das ich überhaupt am Rennen teilnehme sehe ich bereits als (sagen wir) Wunder. Es ist die Erstaustragung eines SkyRun in Norwegen. Veranstaltet von den SuperStars der Szene Kilian Jornet und Emelie Forsberg. Begrenzt auf 100 Teilnehmer (auch wenn es letztendlich doch ein paar mehr waren) und um das Glück perfekt zu machen: Jordi Saragossa ist da!!!! DER Fotograf, ich liebe seine Bilder. Ein Vorbild. Und ich habe einen Startplatz bekommen. Der Wahnsinn! Happy!

Jordi und Ich

Jordi Saragossa und Ich

Ja ist denn schon Weihnachten?

Der Start ist um Acht Uhr. Wir stehen schon um Sechs Uhr in unseren AirBnB Wohnung auf. Duschen, essen und auf geht es zur Talstation der Seilbahn um die Wechselsachen abzugeben. Der Start ist oben, die Seilbahn fährt erst ab um 10Uhr. Prima. Zwei Kilometer mit fast 400 Höhenmeter, und das VOR dem Start!

Leise fluchend und schwitzend mühe ich mich steil auf direktem Wege unter der Seilbahn den Berg hoch. Das Motto des Rennens ist: „soul skyrunning between the sea and the sky“. In diesem Moment denke ich mir nur das es eine verdammte esoterische gequirlte Kacke ist. Habe dann noch genug Höhenmeter vor mir! Oben angekommen bin ich zwar im Eimer, aber der Wind trocknet mich schnell.

Der nächste Schock kommt in Form des stark nach Zimt und Gewürz riechenden YogiTea der im Restaurant ausgeschenkt wird. Ein Gefühl zwischen Neugierde (wie schmeckt das?!), Übelkeit (der Geruch ist schon hart) und einfach Resignation (kann eh nichts ändern und hier ist es kuschlig warm). Den Versuch YogiTea trinken wollte ich wagen, aber sicherheitshalber erst nach dem Rennen.

Minimal Equipment mit Tücken

Pflichtausrüstung? Eine Windjacke! Lange hatte ich gegrübelt: Was nehme ich mit? Rucksack? Langes Zeug? Am Ende entschied ich mich das Rennen mal in größtmöglichstem Minimalismus zu starten. Schliesslich waren es „nur“ 20 Kilometer und 1600 Höhenmeter. Mantras, kurze Hose, Trikot, Regenjacke, 2 Gels, eine mit Wasser gefüllte Softflask und die GoPro. Das war es! Ohne großen Aufwand.

Kurz vor dem Start schossen wir nochmal ein Bild. Bei Hendrik, Tobias und Michael welche die lange Strecke in Angriff nehmen wollten hätte es auch das letzte Bild werden können. Aber wir hätten Eines!

Tromsø SkyRace - vor dem Start (Foto: trailblog.de)

Tromsø SkyRace – vor dem Start (Foto: trailblog.de)

Punkt Acht ging es auf die Strecke. Völlig unkompliziert ohne Musik oder Startschuß. Let’s go und ab auf den Trail. Der Trail war aber nicht solange existent. Auf dem Weg zum ersten Hügel, Fløya, wurde der Pfad immer schmaler bis er eigentlich nicht mehr vorhanden war. OffTrail! Genial! Das ist genau das was ich mag. Quer über die mit vielen Steinen gespickten Wiesen den anderen Läufern hinterher. Viele waren aber nicht mehr in meiner Nähe. Ich bin einfach langsam. Zumindest berghoch. Noch ein Hügel und dann ging es auf einem Mini-Trampelpfad sehr flowig ins Tal zum Pikevatnet (ein See) wo die erste Verpflegungsstation aufgebaut war.

Die Ausrüstung passte und ich vermisste nichts, die SoftFlask in der linken Hand nervte aber ein wenig. Eigentlich die einzige Macke. Aber ich musste jetzt damit klar kommen. Ab der Verpflegung (Wasser und CliffBar Riegel… das wars) sollte es eigentlich bis zum höchsten Punkt fast nur hoch gehen. Allerdings ohne eine Möglichkeit Wasser aufzutanken. Daher füllte ich die Flask auf und wollte mir das Wasser bis Mitte des Berges (Tromsdalstinden) einteilen um dann „durstig“ ins Tal zu rennen und irgendeinen Bach zu finden. Kilian Style eben.

Das Wasser hier ist trinkbar wurde gesagt. Okay, ist das Wasser im Ganges auch. Aber ob man überlebt steht auf einem anderen Blatt. Keine Tiere da oben, kein Problem. Das Problem war nur das Emelie nach dem Briefing ein Bild von der Strecke online stellte… mit einer Rentier Herde. Und die vielen Kackbollen zeugten nicht von Einsamkeit. Egal, Rentier-Power!

Off Trail

Off Trail

Im Nebel stochern

Weglos führte uns die Strecke zu einem Sattel wo es dann entgültig nur noch aufwärts zum Tromsdalstinden auf 1.238m gehen sollte. Die Ausschilderung mit Bändern war spärlich. Aber das kam mir entgegen. Ich konnte mir meine eigene perfekte Strecke suchen und wurde nicht auf einen Weg gezwungen. Freestyle ging es auch im Uphill. Viele Steine blockierten den Weg, sofern man ihn fand. Und umso höher wir uns kämpften, desto dichter wurde auch die Wolkenwand. Rechts ging es vermutlich bis auf Seehöhe runter.

Ein mulmiges Gefühl. Jetzt kommen mir Kilian’s Worte in den Kopf „It’s easy… to get lost!“ Auf jeden Fall! Der Wahnsinn. Die roten Punkte zu finden ist die größere Herausforderung als schnell voran zu kommen. Leichtes „Scrambling“, die SoftFlask stört mich da ich die linke Hand brauche. Also austrinken und in die Hose. Mit der freien Hand geht es besser und ich komme schneller voran. Ich überhole sogar einige Läufer, meine langen Beine sind in diesem verblockten Gelände viel wert. Die Sicht wird nicht besser, ich weiß das um mich Läufer sind, oder ich erahne es, aber sehe sie nicht.

Es wird flacher, ich muss kurz vor dem Gipfe des Tromsdalstinden sein. Und da tauchen Gestalten auf. In signalfarbigen Westen dick eingemummelt. Menschen! Der Gipfel! Geschafft! Es geht (fast) nur noch abwärts! Ähm… wo genau?!

Gratlauf

Gratlauf

Downhill macht Spaß!

Etwas verdüddelt schaue ich in das Loch wo es zur Marathon- Strecke ab gegangen wäre. Uff, das wäre wohl eine Spur zu hart für mich gewesen. Um der Entscheidung freudig stürzte ich mich Richtung Downhill. Die roten Punkten sind kaum sichtbar und so konzentriere ich mich einfach darauf immer möglichst mittig zu bleiben und die Kante auf Abstand zu halten. Springen, klettern, auf allen Vieren runter. Es ist zum Teil steil, sehr steil. Nur nicht umknicken. Das würde übel weh tun. Langsamer machen? Vergiss es! Was ein Spaß! Jetzt reissen auch ab und zu die Wolken auf uns man kann sogar bis Tromsø sehen. What a feeling. Grandios.

Am Abgrund

Am Abgrund

In der Ferne sehe ich einige Läufer und schaffe es auch sie zu überholen. Selbst Marcus kann ich überholen. Ich hätte gedacht er wäre schon weit weit weg. Um das Wissen das es nochmal bergauf geht will ich etwas Tempo machen um nicht zuviel Zeit zu verlieren.

Fast senkrecht geht es springend hinunter. Das Grinsen im Gesicht wird nur ab und zu durch tiefe Ausblicke betrübt. Irgendwann ist aber der Fuß des Berges erreicht und inzwischen zeigt sich sogar ein wenig die Sonne. Auf einem kleinen Weg geht es über eine Wiese mit vielen roten Beeren, an Bächen entlang und durch ein Wäldchen zum nächsten Verpflegungsstand. Die SoftFlask hole ich nicht raus, ich trinke direkt vom Bach. Erfrischend und überraschend wohl schmeckend. Direkt an der Strecke sehe ich immer wieder riesige und lecker aussehende Pilze. Von der Größe her aber eher verstrahlt. So groß kann nicht normal sein!

Trail durch das Hochmoor

Trail durch das Hochmoor

Liebe Pilze

Ich liebe Pilze

Vor der Verpflegung bin ich in Unterzucker geraten. Da ich kein Gel hatte musste ich mir irgendwie das CliffBar reinwürgen. Vergeblich. zu trocken. Das nächste Mal mehr Gels! So kommt es dann auch das ich nach der Verpflegung und fünf Kilometer vor dem Ziel etwas Probleme mit dem Kreislauf bekomme.

Gefangen im FjellRaven Katalog

Ich mache langsamer damit sich mein Körper erholen kann. Das Ziel unter vier Stunden muss ich abschreiben, aber was solls! Die Gegend ist traumhaft. Die Farben, die Felsen, das Wasser,… ich komme nicht aus dem schwärmen heraus. Inzwischen sind die Wolken aufgerissen und ich fühle mich wie gefangen im FjellRaven Katalog.

Immer näher dem Ziel kommend geht es mir esser und ich kann wieder laufen. Die Strecke kenne ich nun. Gestern schon gelaufen. Das Ziel kann ich sehen. Bauch einziehen für das Zielfoto. Geschafft!!! In 4:24h, keine Traumzeit, aber aufgrund der Strecke und das ich  soetwas lange nicht mehr gelaufen bin, super! Und das Erlebnis stand eh im Vordergrund. Und das schreit einfach nach Wiederholung!

Pilze und Trails

Pilze und Trails

Der Tee der Yogi’s

Jetzt traue ich mich! Nachdem ich die leckeren Backwaren von Emelie genossen hatte gönnte ich mir einen YogiTea. Der Zimt Geruch betäubte meine Nase. Naja… trinkbar aber nicht mein Geschmack. Aber warm. Ausgetrunken, an die Theke und ein kühles Bier bestellt. 11 Euro sind ein Schnäppchen. In Norwegen lernst du Alkohol zu geniessen!

Yogi Tea und Marcus

Yogi Tea und Marcus

Marcus und ich fuhren in die Wohnung, duschten um dann wieder zum Ziel zu gehen. Tobias und Hendrik chrieben uns das sie aufgegeben hatten. Nach ihren Schilderungen später, verständlich! Spätestens jetzt wussten wir was „Ridge“ ist. Sehr schnmaler Grat wo es links und rechts 500m runter geht. Gut das ich das nicht gemacht habe!

Michael, Respekt! Er war Einer von nur 17 Läufer(innen) welche die beiden Berge gelaufen sind. 11 Stunden brauchte der Teufelskerl. Hammerleistung!

Insgesamt muss man aber sagen das bei diesem Rennen der Spruch: „Der Weg ist das Ziel!“ extrem  an Bedeutung gewann und zu 110% stimmte.

Kilian Emelie Ich

Kilian Ich Emelie

Den Rest des Nachmittags verbrachten wir mit RentierBurger Speisung, Siegerehrung, Fotos zur Erinnerung schiessen und reden. Am Abend gab es Unmengen Tiefkühl- Pizza und Bilder wurden ausgetauscht. What a race!

Im nächsten Jahr werde ich es auf jeden Fall versuchen wieder hierher zu kommen. Nein, nicht um den Marathon zu laufen, sondern um dort zu laufen, egal auf welcher Strecke! Danke an Emelie, Kilian und alle Supporter!!!

Hier noch der Videomitschnitt von Kilian

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Meinungen & Diskussion

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  1. Steve sagt:

    Krass anders!
    Krass genial!
    Krasses Event!

    Danke für den Bericht

    1. Robert sagt:

      Auf jeden Fall! Nächstzes Jahr bist dabei (und hilfst Tobias über die „easy Rigde“)

    2. Tobias sagt:

      Schöner Bericht! Einfach zu krass, diese Nummer. Das werde ich nicht so schnell vergessen und hoffentlich kann ich da nochmal mein Glück probieren. Und das Ziel ist, dass ich das ohne Hilfe schaffe :p.

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