Walser Ultra Trail 2016: DNF und trotzdem gewonnen

Walser Ultra Trail 2016: DNF und trotzdem gewonnen

2. August 2016

– oder – was mein Lauf mit Hans Meiser zu tun hatte.

Irgendwie gab es bereits Anzeichen dafür das ich nicht ins Ziel einlaufe, sondern mit dem Bus hinfahre. Das es jedoch so dramatisch wird hätte ich nicht zu träumen gewagt. Und gehofft erst recht nicht. Das DNF im letzten Rennen der Saison knabbert im Kopf, doch irgendwann vergeht auch das.

Samstag Abend

Die 42cm Pizza war richtig lecker. Carboloading vereint mit Geschmack. Zusammen mit Lisa, Andrea, Volker und Moritz plünderten wir vorhin das Restaurant. Speicher auffüllen für den Lauf.
Nun liege ich im Bett und bin müde. Der Wecker wird um 4Uhr klingeln. Neben mir ist es laut und es fällt schwer einzuschlafen. Dazu noch die Aufregung.

Start um 6 Uhr am Morgen

Start um 6 Uhr am Morgen

Drei Stunden bevor ich wach wurde

Der Wecker ist gnadenlos und ich werde aus meinem unruhigen Schlaf geholt. Umdrehen lohnt sich nicht, Aller zwei Minuten startet „Blame on me“. Seit der Verfilmung von Hape Kerkeling „Ich bin dann mal weg“ mein Weckton.
Kekse, Wasser, duschen, Vaseline in den Schritt kleistern und ab zum Start im Riezler Kurpark.

Na klar, viel zu früh. Wie immer. Doch ich bin nicht der Einzige. Ich treffe Donald. Lange nicht gesehen. Zuletzt vor zwei Jahren beim Sardona Ultra Trail. Meinem ersten DNF. Damals regnete es anfangs auch und die Wege waren verschlammt.
Noch ist es dunkel und meine Befürchtung das es bis zum Start nicht hell genug wird um ohne Stirnlampe zu laufen wächst. Immer mehr Läufer gehen durch die Ausrüstungskontrolle. Besonders die Regenbekleidung ist heute interessant. Und eine wärmende Zwischenschicht ebenso. Oben kann es kühl werden.

[newsletterbox][/newsletterbox]

Im letzten Jahr wartete ich oben auf dem Gottesackerplateau auf die Starter und fotografierte. Heute stehe ich selbst im Pulk mit fast 150 Läufern.

Renntaktik ist alles wenn du langsam bist

Das letzte Briefing sagt das es ab Widdersteinhütte über das Gemsteltal runter ins Tal auf einer Alternativroute geht. Die Gewittergefahr ab Mittag ist zu groß.

Gerne reihe ich mich an das Ende des Feldes und durchquere den Startbogen nur knapp vor dem Schlussläufer. Es geht am Schulzentrum vorbei hinunter in die Schlucht der Breitach. Die Hängebrücke über den Bach wackelt bedrohlich und die Schlange aus Teilnehmern sieht aus wie auf Drogen. Oder mindestens 1.5 Promille. Es schaukelt mächtig und am Ende der Brücke erlöst uns Dominik mit einem Blitz und Foto.

Über die Breitach-Schlucht auf der Hängebrücke

Über die Breitach-Schlucht auf der Hängebrücke

Es wird ein hohes Tempo gelaufen. Unweit nach mir kommt bereits der Besenläufer und sammelt die Schilder ein. Das nervt mich etwas da ich noch sehr gut in der Zeit liege und so gedrängt werde. Doch ich lasse mich nicht beirren und bleibe meiner Taktik treu: Berg hoch schnell gehen, gerade traben und Bergab laufen lassen. Alles wie gewohnt und bisher erfolgreich.

Stau an der Naturbrücke

Stau an der Naturbrücke

Das erste Highlight der Strecke ist die Naturbrücke. Die Leiter hinunter zur Brücke ist schmal und der erste Stau. Gut das ich mein Tempo gelaufen bin. Spätestens hier hätte ih mich so oder so einreihen müssen. Jetzt ist das Feld endgültig auseinander gezerrt. Keiner mehr hinter mir. Ausser der Mann der die Schilder einsammelt.

Es ist bisher ein schöner, aber technisch einfacher Streckenverlauf. Eher breit und aufgeräumt geht es weiter bis zur ersten Verpflegung im Wäldele. Am Fußballplatz neben dem Walmendinger Haus, wo ich erst im Juni zum Trailcamp mit Trampelpfadlauf war, sehe ich ein Stofftier auf dem Weg liegen. Ich habe es heute schon gesehen und nehme es mit. Irgendwem gehört es. Natürlich! Jan hatte es vorne im Rucksack stecken als wir uns heute Morgen begrüßten.
Mit meinem neuen Weggefährten erreiche ich den ersten Verpflegungspunkt. Alle Behältnisse fülle ich mit Iso auf. Schliesslich gibt es jetzt bis zur Schwarzwasserhütte auf fast 15 Kilometern keine Station mehr. Und auch keine Wasserstelle wie Bäche o.ä.

Blick im Sonnenaufgang vom Wäldele zum Walmendinger Horn.

Blick im Sonnenaufgang vom Wäldele zum Walmendinger Horn.

Der Sonnenaufgang ist gigantisch und die Strahlen wecken mich auf. War ich bis jetzt noch sehr müde wird es zunehmend besser. Der letzte Läufer bin ich auch nicht mehr und der Druck des Besenläufers ist genommen.
Als es endlich links in den Trail hoch zum Gottesacker geht bin ich wach. Der Pfad ist verwurzelt und Steine liegen ungeordnet im Weg. Das ist meine Chance und ich kann Tempo zulegen. Technischere Abschnitte die schwierig zu laufen sind kommen mir mit meinen langen Beinen entgegen. Ich kann mit großen Schritten von Stein zu Stein und Wurzel zu Wurzel schreiten.

Im schönsten Sonnenaufgang hinauf zum Gottesacker

Im schönsten Sonnenaufgang hinauf zum Gottesacker

Es geht wirklich gut voran und schnell hole ich einige Läufer ein und kann überholen. Erst als ich auf eine Gruppe auflaufe lasse ich das überholen. Es würde zuviel Kraft kosten dort vorbei zu gehen. Also Sparflamme und einreihen.
Tatsächlich: Jan ist da vorne. Ich rufe ihn und er winkt mir zu. Mit dem Stofftier winkend rufe ich noch mal. Er wartet auf mich … ja es ist ihm.

Aufstieg zum Gottesacker

Aufstieg zum Gottesacker

Ein Geschenk seiner Tochter. Ohje, da hätte er sich was anhören können. Aber alles gut gegangen. Wir reden etwas da das Tempo eher gemütlich ist. Der Trail schlängelt sich durch Nadelgehölz immer höher. Neben uns sind schon die für diese Gegend typischen Löcher. Da möchte ich ungern reinfallen.

Jan auf dem Trail zum Gottesacker

Jan auf dem Trail zum Gottesacker

Immer wieder fängt es an zu regnen, hört aber bald wieder auf und wechselt sich mit Wind ab. Für mich richtig angenehm und perfektes Laufwetter. Allerdings ist der Grip auf den Steinen und im Schlamm eher nicht vorhanden. Ein rutschen und gleiten. Doch auch hier habe ich mit den langen Schritten Vorteile.

Rückblick auf den Aufstieg

Rückblick auf den Aufstieg

Der Gottesacker in den Wolken

Der Gottesacker in den Wolken

Jetzt geht es über das Gottesackerplateau Richtung Ifen. Ich fühle mich sehr gut und kann wie ein junges Reh über die Löcher und Spalten hüpfen. Es geht auf und nieder. Der Stein ist glitschig, doch es macht Spaß. Ein Teilnehmer nach dem Anderen kann ich überholen und selbst die Passage mit den nassen Eisenstiegen meistere ich. Es geht richtig gut.
Auf dem Anstieg zum Gipfelplateau des Hohen Ifen sehe ich von Weitem Volker und Katrin. Da muss ich tatsächlich gut unterwegs gewesen sein, denn normal sind die Beiden wesentlich fixer. SmallTalk am Berg. Doch als es steiler wird, lasse ich sie ziehen.

Blick zum Hohen Ifen

Blick zum Hohen Ifen

Den Tränen nah

Die Passage kenne ich vom Shooting mit Lukas. Ein kleines Stück ist etwas blöd für mich da das Seil auf der rechten Seite hängt. Doch eigentlich braucht man es hier nicht. Durchatmen, Tritte checken und los. Kein Problem. Es ist zwar feucht, aber der Fels ist kantig und bietet guten Halt unter der Sohle.

Aufstieg zum Ifen

Aufstieg zum Ifen

Oben am Ausstieg warten zwei Bergretter und wir grüßen uns. Nicht genug kann man den Helfern danken die hier bei diesem Wetter ausharren und für unsere Sicherheit sorgen.

Danke!

Auf einem einfachen Weg geht es bis fast zum Gipfelkreuz. Auf der Wiese drüben sehe ich bereits einige vor mir wie sie den Downhill in Angriff nehmen. Mehr rutschend als rennend.

Downhill vom Ifen. Im Hintergrund das Schwarzwassertal

Downhill vom Ifen. Im Hintergrund das Schwarzwassertal

Der erste Anstieg ist geschafft. Die ersten 1.300 Höhenmeter vorbei. Ich rechne kurz durch und sollte es gut bis 10Uhr zur Auenhütte schaffen. CutOff dort ist 11:15Uhr.
Kurzer Gruß zum Streckenposten und ab ins Tal. Volker und Katrin sehe und höre ich schon die ganze Zeit und komme nun torkelnd an ihnen vorbei. Der Weg ist schlammig und bietet kaum Halt. Sehr schwer zu laufen. Ich versuche dort zu laufen wo Steine zu sehen sind. Diese bieten ein wenig Grip und ich kann laufen. Es geht ein Kurve man kann die Schwarzwasserhütte und die nächsten sieben Kilometer sehen.

Der Weg wird noch schmaler und geht immer näher an den steilen Hang. Und dann taucht ein Seil auf.
Ich traue meinen Augen nicht. Was ist das denn? Links geht es steil runter, die Versicherung ist rechts, die Steine und Stahlhalte glitschig verschlammt. Scheisse!
Okay, ist nicht lang. Da um die Ecke ist es sicher zu Ende. Rückwärts hangele ich mich langsam von Tritt zu Tritt. Meine Hand rutscht immer wieder am Stahlseil.

Die Ecke ist erreicht und was ich sehe gefällt mir nicht. Noch steiler, noch abschüssiger und die Seilstelle geht noch ein ganzes Stück. Ich schaue nach oben und sehe Katrin und Volker. Sie haben weniger Probleme. Zurück schaffe ich glaube nicht. Oder doch? Sollte ich besser abbrechen und einfach zurück?

Ich verkrampfe. Sehe nach unten und taste mit dem Fuß nach einem Halt. Aber sehe nichts. Volker kommt nah zu mir und lotst mich. Ich denke er spürt das ich gerade richtig Schiss habe.

Langsam finde ich den Tritt und komme weiter. Mein Körper verkrampft und ich muss inne halten.

Durchatmen.

Es tröpfelt ein wenig, was es nicht einfacher macht. Wenn ich hier rutsche dann habe ich definitiv keine Zukunftssorgen mehr.

Tritt für Tritt.

Katrin versprüht gute Laune und Volker gibt mir die Tritte vor. Ich traue mich kaum nach unten zu schauen. Die Tritte sind sehr schmal und nicht für Füße mit Schuhgröße 50 gemacht.
Warum tue ich mir das dann? Was mache ich hier? Warum habe ich mir das hier nicht vorher angesehen?

Tausend Gedanken schiessen mir durch den Kopf und ich muss mich an die Übungen im Buch gegen Höhenangst erinnern. Stimmt schon, die Höhe macht mir nichts. Ich habe lediglich Angst zu stürzen.

Atmen. Ein. Aus.

Ein. Aus.

Volker sagt das ich weiter langsam und konzentriert bleiben soll. Es ist nicht mehr lange und wird einfacher.

Langsam. Langsam. Mach langsam!

Wie ein Mantra sage ich es laut vor mir her.

Wo ist der Tritt? Scheiße, ich finde keinen Tritt. Ich muss nach unten sehen. Er ist ein Stück weit weg. Ich umklammere das Seil. Halten würde ich mich nicht können, aber es beruhigt trotzdem.
So ein bisschen.

Ich lasse mich langsam runter und bin einmal mehr froh so lange Beine zu haben. Mein linkes Bein angewinkelt, die Hand am Seil und das rechte Bein geht nach unten und tastet nach dem Tritt.

Gefunden. Langsam gehe ich mit dem linken Bein nach und liege fast mit dem ganzen Körper am Fels.
Noch ein Tritt und es ist geschafft.

Atmen. Ein. Aus.

Langsam!

Geschafft. Ich stelle mich auf den Weg und atme tief durch und setze mich dann auf einen Stein.
Das war knapp und aktuell eine Nummer zu groß für mich. Doch wenn es keine Alternativen gibt muss man durch.
Ich danke meinen beiden Helfern. Ohne Volker und Katrin wäre ich wohl nicht runter gekommen. Keine Ahnung was ich gemacht hätte.

Fettes Danke an euch!!!

Von unten sieht die Seilpassage gar nicht so schlimm aus ...

Von unten sieht die Seilpassage gar nicht so schlimm aus …

Ich lasse alle passieren. Einen kleinen Stau habe ich verursacht. Das ist mir aber gerade egal. Ich schaue zurück. So schlimm sieht es eigentlich nicht aus. Alles nur Einbildung?

Gut, Bergauf wäre das Seil auf der richtigen Seite und der Blick wäre nicht in die Tiefe, sondern nach oben gewesen. Einarmig dann doch eine Herausforderung.

Geschafft.

Die nächsten kurzen Seilabschnitte sind wesentlich einfacher und innerlich lache ich fast darüber. Nachdem ich das erste Stück geschafft habe ist dies fast lachhaft einfach.

Langsam. Langsam. Atmen. Ein. Aus.

Bis es wirklich ein laufbarer Trail wird, dauert es noch kurz. Erst hier merke ich wie verspannt mein ganzer Körper ist. Nur langsam komme ich voran und es dauert eine ganze Weile bis ich Thomas, Volker und Katrin wieder einhole.
Die Verkrampfung lockert sich nur schwerlich und ich merke das diese angespannte Lauferei im Knie weh tut. Der Weg ist auch so verschlammt das kaum richtiges rennen möglich ist. Schlitternd gleiten wir Richtung Schwarzwasserhütte.

VP Schwarzwasserhütte

VP Schwarzwasserhütte

Die Gedanken an das Erlebnis vorhin schwinden langsam. Ich muss etwas schmunzeln. Letzte Woche hörte ich noch ein Interview mit Hans Meiser und während der Passage dachte ich mir: „Wenn du abstürzt willst du in Notruf kommen.“
Warum? Hans Meiser hat „Notruf“ nur unter der Bedingung moderiert das es nie einen Todesfall gibt.

Erst steil und dann einfach und flacher geht es bis zur Auenhütte am Fuße des Hohen Ifen. Die einzige Herausforderung ist tatsächlich eine Kuhherde die leicht genervt und mürrisch den Weg versperrt.

Thomas und die Kühe

Thomas und die Kühe

Das CutOff rückt immer näher. Ich bin inzwischen alleine da mich alle auf dem Forstweg überholt haben. Wie weit ist das noch?

Nicht mehr weit. Ich sehe den Lift der Baustelle und um 10:45 Uhr biege ich zur Verpflegungsstation ein.

Wettlauf gegen den CutOff

Mit einem Liter Cola, mehreren Tomaten, Salz, Kuchen und vielem Lächeln von richtig netten Helfern an der Station laufe ich auf der Straße bis zur Abbiegung Walmendinger Alpe. Die Strecke kenne ich sehr gut vom TrailCamp. Da sind wir aber unter gelaufen. Berghoch ist es wesentlich mühsamer.

Zunächst schlängelt sich der Forstweg einfach nach oben. Schnell gewinne ich an Höhe, die Kraft ist da, nur wird mir sehr warm. Die Sonne kommt teilweise raus und die Schwüle macht mir zu schaffen.

An einem Bach gönne ich mir eine Mini-Dusche. Das kühle Wasser weckt Lebensgeister und ich kann weiter.
Doch lange hält es nicht. Im Wald kurz vor der Alpe geht es steil bergauf. Ich muss mich kurz hinsetzen, trinken und essen. Leichte Zweifel ob des CutOffs kommen auf. Er ist sehr eng gesetzt. Doch noch machbar.

Aufstieg zum Walmendinger Horn

Aufstieg zum Walmendinger Horn

Die Worte der blond-gelockten Notärztin begleiten mich auf dem Weg: „Am Grünhorn gibt es noch mal ein ausgesetztes Stück. Aber nicht schlimm und ohne Seil.“
Ich bin gespannt.

Die letzten Meter bis zum Abzweig Walmendinger Horn sind steil und jetzt muss ich kämpfen um nicht zu langsam zu werden. Es geht, aber strengt an. Oben angekommen geht es sofort in den Laufschritt. Bergab auf dem Schotterweg bis zum Trail der uns zur Ochsenhorn-Scharte führt.

Runter vom Walmendinger Horn

Runter vom Walmendinger Horn

Die Bergwachtler sagen das es noch ca. sechs Kilometer bis Baad sind. Es ist 13:05Uhr. 55 Minuten für sechs Kilometer und ca. 350 Höhenmeter. Eigentlich kein Problem. Wären da die Bedingungen nicht.
Inzwischen prasseln immer wieder Regenschauer auf mich nieder. Der Trail war anfangs gut laufbar. Doch jetzt? Eine einzige Schlammschlacht. Es macht irgendwie Spaß, doch voran komme ich nicht. Wenn sich die Wolken verziehen habe ich Sicht auf die beeindruckende Kulisse der Allgäuer Alpen und das Kleinwalsertal. Keine Frage: Der Walser Ultra Trail ist eine Sightseeing Tour. Wenn auch extrem anstrengend.
Ich schaue auf die Uhr. 13:30Uhr. Ich schaue auf den Weg hinauf zum Grünhorn. Ich sehe den Downhill nach Baad.

Vergiss es! Das in 30 Minuten wird Harakiri.

Lass es heute einfach bleiben. Die Passage vom Ifen runter hat Kraft gekostet. Mental und physisch. Vielleicht mehr als ich mir eingestehen will. Trotz das ich jetzt seit der Auenhütte gut unterwegs war, heute bin ich zu langsam.

Befreit vom CutOff-Stress laufe ich weiter zur Scharte. Ab jetzt geht es noch steiler zum Gipfel. Kleine Rinnsale kommen auf dem Weg entgegen. Immer wieder zieht es zu. In den offenen Abschnitten sehe ich die Schwarzwasserhütte, den Ifen, Riezerln, Baad und auch die Strecke die es ab Baad noch gegangen wäre.

Aufstieg zum Grünhorn

Aufstieg zum Grünhorn

Kurz denke ich nach nach ob das CutOff wegen der verkürzten, einfacheren Strecke eventuell verlängert wurde. Aber selbst wenn: in Baad ist heute Feierabend.

Während ich an der höchsten Stelle meinen Stock einpacke rede ich kurz mit dem Streckenposten. Er weist mich darauf hin das es jetzt noch mal glitschig wird.

Und wie!

Die schmale Passage auf dem rutschigen Grat meistere ich langsam, aber gut und relativ sicher. Im Vergleich zu heute Morgen ein Spaziergang.

Auf dem Grat vom Grünhorn runter

Auf dem Grat vom Grünhorn runter

Im folgenden Downhill ist aufen fast unmöglich. Nur Schlamm und rechts und links keinen Chance in der Wiese zu voran zu kommen.

Inzwischen ist es 14:05 Uhr und ich bin definitiv raus. Ins Tal nach Baad muss ich trotzdem. Ich gehe es gemächlich an. Riskieren muss ich nun absolut nichts mehr. Ein verdrehtes Knie, Bänderriss oder Knochenbruch braucht es heute nicht mehr.
Weiter unten wird es laufbar und ich nutze diesen Teil um noch mal Tempo zu machen.
Nur für mich. Weil es Spaß macht.

Schluß-Downhill nach Baad

Schluß-Downhill nach Baad

Um 14:25Uhr erreiche ich die Verpflegungsstation in Baad. „Feierabend“ rufe ich und die blond-gelockte Notärztin nimmt mir den Chip ab. Vorbei.

Der CutOff hat einige getroffen. Bei RedBull und Iso wird gemeinsam gefrustet. Ein wenig traurig und betroffen ist dann doch zunächst jeder.

Mein Saisonabschluss 2016 beende ich mit keinem Zieleinlauf, sondern mit der Busfahrt zum Zielort.

Epilog

Es sollte heute einfach nicht sein. Die Strecke ist anspruchsvoll und bei der Witterung noch mehr. Für mich heute nicht möglich. Vielleicht eine Nummer zu groß. Noch.

Ich bin unendlich dankbar für die Hilfe von Katrin und Volker. Das dort erlebte hat mich an meine Grenzen gebracht. Vermutlich sogar weit darüber hinaus. Aber ich kann diese Zeilen schreiben. Ich habe es geschafft. Trotz des DNF habe ich gewonnen.

Der Walser Ultra Trail hat eine traumhafte Streckenführung mit teilweise sehr anspruchsvollen Trails. Es ist keine Anfänger-Strecke. Vielleicht erstmal mit den Walser Trail (30km mit 2.000hm!) schaffen und dann für den richtig langen Kanten trainieren.

Es gab einige Diskussion ob der CutOffs. Zum Teil auch böse Stimmen. Ja, ich war auch enttäuscht und der CutOff in Baad zu knapp gesetzt. Doch entweder ich schaffe es, oder eben nicht. Da spielt es keine Rolle ob 1 Minute oder 30 Minuten. Als Teilnehmer weiss ich es vor dem Start. Für mich gibt es daher keine Diskussion rausgenommen zu werden.

Vielen Dank an die vielen Helfer und Rettungskräfte die von früh bis Abends für uns auf der Strecke waren.

Vielen Dank an die Organisation das ihr eine so spektakuläre Strecke kreieret habt.

Vielen Dank an Julia für den Trainingsplan. Ich war sehr gut vorbereitet, das DNF war Kopfsache.

Danke an alle die sich Sorgen gemacht haben. Es ist alles gut gegangen.

Und nun?

Wettkampfpause! Diese Woche geht es zum Pitztal Alpine Glacier Trail. Aber nur als Fotograf und Supporter. Dann Urlaub im Flachland und danach werde ich schauen was passiert bis es ab Januar in die Vorbereitung für den MIUT 2017 geht.

Meinungen & Diskussion

Ich freue mich auf rege Diskussionen und vor allem deine Meinung.
Bitte beachte und akzeptiere vor dem Schreiben deiner Meinung/ Kommentar bitte die Datenschutzerklärung.

  1. Fox sagt:

    DNF kann man schon mal machen. Hauptsache man ist mit sich selbst im reinen. Und da mach ich mir bei dir gar keine sorgen ;)

    1. Robert sagt:

      Ist ja erst das zweite Mal. Und beide Male bei widrigen Verhältnissen auf einer schweren Strecke. Passt.

  2. Steve sagt:

    Alles Bestens Robert!
    Das DNF ist schnell verdaut, da mache ich mir keine Sorgen.

    Danke für deinen ehrlichen Bericht

    1. Robert sagt:

      Das DNF nervt nur, aber stört nicht. Aber die Tatsache das ich da halb flennend in der Wand klebe, das ist doof und muss geändert werden.

      Ehrlich und hoffentlich authentisch. Beim Leser soll ein Film vor dem Auge laufen.

  3. Timo Vogel sagt:

    Hallo Robert, toller Bericht und Hut ab vor der Entscheidung..und wir sehen und wohl spätestens im April auf Madeira mal ?
    Eine schöne Wettkampf Pause dir bis dahin

    1. Robert sagt:

      Hi Timo,
      danke! Und Madeira auf jeden Fall!!!

  4. Jan sagt:

    Hallo Robert,

    Was für ein Bericht !
    Ich war ganz gefangen beim Lesen.

    Solche Erlebnisse prägen bestimmt.

    Ich danke Dir für das Teilen Deiner Erlebnisse.

    Bis dann …Jan

    1. Robert sagt:

      Hi Jan,
      sehr gerne. Auf jeden Fall prägt es. Besonders aber schärft es die Sinne und holt dich auf den Boden der Tatsachen zurück. Es gibt noch eine Menge zu tun.

  5. Dirk Klein sagt:

    Toller Beitrag! Während ich deinen Beitrag gelesen habe, war ich in Teilen bei dir und habe im Geiste mit dir gelitten. Es gab im Juni beim gemeinsamen Trailcamp eine „Steile Passage“, wo wir gemeinsam hoch sind. Daran erinnerte ich mich ständig beim Lesen deiner Zeilen. Damals hast du mich gestützt, motiviert und supportet! Du bist ein wundervoller Sportler und Mensch. Du bist ein Sieger- für diesen Sport!

    1. Robert sagt:

      Hallo Dirk,
      vielen Dank für die Blumen. Ist ja fast zum rot werden.
      Wenn man helfen kann ist das wunderbar. Und deshalb bin ich so dankbar das es auch andersrum geht und Hilfe angeboten wird.
      Deshalb mag ich Trailrunning so sehr. Es gibt wenige Ausnahmen die dort „Aggro“ drauf gewesen wären.

      Bis bald mal wieder.

  6. Marc sagt:

    Ein wirklich spannender und schöner Bericht. Ich meinte den Ifen zu kennen, kann mich bloß nicht an diese Passagen erinnern.
    Respekt in jedem Fall für das Durchziehen!!!!

    1. Robert sagt:

      Danke Marc.

      Vielleicht ist es dir nur nicht aufgefallen weil es nicht so wild ist. (Bei schönem Wetter)

  7. Martin sagt:

    Danke für den packenden Bericht. Man fühlt richtig mit, super geschrieben!
    Möchte nächstes Jahr auch unbedingt mal einen Ultra laufen, muss mich endlich mal informieren was es da alles für Events gibt.

    Cheers,
    Martin

    1. Robert sagt:

      Danke Martin, sag Bescheid wenn du Tipps brauchst. Für den ersten Ultra empfehle ich dir vllt. doch einen etwas einfacheren wie den ZUT.

  8. Verena sagt:

    Hallo Robert,

    habe mir gerade Deinen Bericht durchgelesen und war wirklich kurze Zeit wieder mental im Kleinwalser Tal, ein richtig richtig ehrlicher und schonungsloser Bericht mit innigen Gedanken die Dich während des Laufes beschäftigt haben, top! Ich bin von Deiner Leistung mehr als beeindruckt, ich habe auch schon ein DNF gehabt das ist wohl (fast) jedem Läufer schon mal passiert. Es gibt schlimmeres;-) Bis bald auf einem Trail in den Bergen:-)

    1. Robert sagt:

      Hi Verena,
      danke und freut mich das du dadurch wieder zurück ins Kleinwalsertal kamst. Du hattest ja auch zwei anstrengende Läufe dort.
      Das DNF ist quasi vergessen und wurmt weniger als zunächst gedacht. War ja trotzdem ein gewaltiges Erlebnis.

      Bis bald mal wieder!

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert